Der Mercedes W116 war jene S-Klasse, die noch heute gern mit dem günstigeren W123 verwechselt wird. An der Ampel löscht der 450 SEL 6.9 aber alle Zweifel aus.
„Mit dem 450 6.9 bauen wir einfach mal einen Wagen, um alle, wirklich alle Mitbewerber wie Autos von gestern aussehen zu lassen!“ Anders kann es im Lastenheft für das Topmodell der Mercedes W116 Reihe kaum gestanden haben. Denn der im Jahr 1975 debütierte Mercedes 450 SEL 6.9 hatte nicht nur den vergrößerten V8 aus dem Mercedes 600, sondern von allem ein bisschen mehr, ohne kitschig zu wirken. Niveauregelung, elektrische Gardinen, Scheinwerferwaschanlage, Klimaautomatik anstelle ordinärer Klimaanlage, eingebaute Vorfahrt… Hier wurden die Insassen wirklich verwöhnt; wer sich diesen Trumm leisten konnte, hatte es definitiv nach ganz oben geschafft.
Erst unter der Motorhaube des Mercedes W116 wurde die wahre Größe des 6,9 l großen V8-Motors sichtbar. Nicht nur, dass der Bolide Rolls Royce und Bentley im klassischen Sechs-und-Dreiviertelliter-Volumen sowohl an Hubraum als auch an Leistung überflügelte, konnte er trotz einer Maß weniger Verbrennungsraum auch dem Cadillac Big Block in Bedrängnis bringen, den Siebeneinhalb-Liter im Lincoln sowieso: Stramme 286 DIN-PS standen an, garniert mit 550 Nm Drehmoment. Das hatte nach der ersten Ölkrise drüben keiner mehr zu bieten. Erst recht keine dem Rennsport entnommene Trockensumpfschmierung. Das Normalste im Mercedes 450 SEL 6.9 war angesichts dessen schon die Bosch K-Jetronic Benzineinspritzung.
Den Mercedes 450 SEL 6.9 wollten sich 7380 sehr solvente Kunden für mindestens 69.930 DM oder rund 50.000 US$ zulegen. Damit ist dieses Mitglied der Mercedes W116-Baureihe recht exklusiv – andererseits waren Benzinverbrauch und Unterhalt nicht von einem zu stemmen, der sich eine 280 S vom Munde abgespart hatte. Vor allem, wenn man das Gaspedal stets durchdrückte, um in 7,4 Sekunden von 0 auf 100 zu rauschen. Die Spitze lag bei beachtlichen 225 km/h, womit im Segment nur ein Jaguar XJ 12 nicht abzuhängen war. Das Dramatische an diesem heroischen Kraftprotz war jedoch sein Ende 1980: Die Mercedes S-Klasse vom Typ W126 hatte keinen adäquaten Nachfolger zu bieten, erst der Mercedes 600 der W140 Baureihe wies ähnliche Souveränität auf.
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